Der Einfluss der Video-App
TikToks Zielgruppe ist Generation Z. Also junge Menschen, die um die Jahrtausendwende geboren wurden. Aber wer jetzt glaubt, es handele sich um einen albernen Kinderhype, der irrt sich gewaltig. 2020 erlebte die Video-Plattform ihren bisher größten Boom.
Über 800 Millionen Nutzer weltweit
Der Nachfolger von musical.ly, einer Kurzvideo-App, die für lustige Lippensynchronisationen und Tänze bekannt wurde, erhielt 2018 den neuen Namen TikTok. Weil die App in der Kritik stand, nicht genügend Kinderschutz zu bieten und Pädophile anzuziehen, sollte ein neues Branding beim Image helfen.
Seither wächst der Einfluss der App stetig. Durch fehlende Konkurrenz, ein ansprechendes Design und die einfache Bedienung mit zahlreichen Musik- und Videofeatures, kann sich TikTok bereits zu den weltweit beliebtesten Apps zählen. Beeindruckende 800 Millionen aktive Nutzer finden sich monatlich auf der App. Davon sind 69 % zwischen 16 und 24 Jahre alt. Die größte Beliebtheit findet die App des chinesischen Unternehmens ByteDance in seiner Heimat mit 500 Millionen Nutzern. 100 Millionen TikTok-Nutzer kommen aus Europa.
Spätestens als der ehemalige US-Präsident Donald Trump im Herbst 2020 einen Verbotsbeschluss der App unterzeichnete, welches jedoch zügig vor Gericht scheiterte, wurde klar, dass diese Gute-Laune-App mit großem Misstrauen betrachtet wird. Sie würde die nationale Sicherheit gefährden. Aber warum?
Man kann spekulieren, ob die Trump-Regierung etwas pikiert war, nachdem sie zunächst mit einer Million Ticketanfragen für eine Wahlkampfveranstaltung in Tulsa prahlte – am Tag selbst aber den
Einfluss der jungen TikToker zu spüren bekam. Auf der Plattform verbreitete sich unter den Nutzern die Aufforderung, Ticktes für die Veranstaltung zu buchen, aber nicht zu erscheinen. So trat Trump in einer spärlich besetzen Location auf.
Diskriminierung und Zensur: Behinderte, Dicke und politische Meinungen
Aber darüber hinaus befürchtete die Regierung Spionage und die Weiterleitung von Informationen an chinesische Behörden. Begründet? Fakt ist, dass die App seit Langem für Sicherheits- und Datenschutzbedenken kritisiert wird. So wurden nicht nur technisch benötigte Daten gezogen, sondern Informationen zur verwendeten Hardware gelesen, welche Apps noch installiert und gelöscht wurden, WLAN-Verbindungen, durchgehende Standort-Abfragen und vieles mehr.
Erst im Februar 2021 musste TikTok wegen mutmaßlicher Datenschutzverstöße in den USA knapp 75 Millionen Euro zahlen. Zahlreiche Eltern klagten in mehreren Bundesstaaten, weil die Plattform bei ihren Kindern ohne Einverständnis Gesichtserkennungstechnologien für die Einschätzung zu Geschlecht, Alter und Ethnie eingesetzt und an Dritte verkauft haben soll. TikTok bestreitet diese Vorwürfe, auch wenn das Unternehmen dem Vergleich, also der Strafe, zugestimmt hat. Man habe hier lediglich ein unnötig langes Gerichtsverfahren vermeiden wollen.
Ob diese Daten tatsächlich zu Spionage-Zwecken verwendet werden, lässt sich nicht nachvollziehen.
Gleichzeitig wurde lange Zeit statt dem sichereren Protokoll HTTPS lediglich HTTP verwendet, so dass Hackerangriffe ein Kinderspiel waren. Auch die Verschlüsselung der Daten ließ sich nicht Verschlüsselung schimpfen. Sogar inhaltliche Zwischenablagen wurden ständig kopiert. Die Analysen von einigen Cybersicherheitsunternehmen, wie Check Point, Zimperium und Mysk waren besorgniserregend. Doch daneben steht die Plattform auch noch in der Kritik, die Reichweite von Nutzern mit Behinderungen, mit Übergewicht oder Homosexuellen einzuschränken. TikTok bestätigte dieses Vorgesehen sogar, begründete dies jedoch mit der Absicht, die Nutzer vor Cybermobbing schützen zu wollen. Ebenso wurden politische Ansichten zensiert. Diese Fehler wollte man mit den neuen Datenschutzbestimmungen jedoch nicht noch einmal machen.
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Fazit:
TikTok ist eine Datenkrake, wie andere gängige Social-Media-Plattformen auch, geht allerdings deutlich aggressiver vor. Wie schnell das Unternehmen aus einem Land, in dem Datenschutz und Meinungsfreiheit nicht oberste Priorität haben, auf die starke Kritik reagiert, wird sich zeigen. Vieles bleibt intransparent. Vor allem die Nutzung der App durch Kinder und Jugendliche sollte kritisch betrachtet werden. Nicht nur gefährliche Trends und Challenges verbreiten sich rasant und sorgen immer wieder für Tragödien. Gefahren wie Mobbing, Kontaktanfragen von fremden Menschen und Zugang zu problematischen Inhalten könnten von unerfahrenen jungen Menschen nicht wahrgenommen werden.